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Küppers, Ellen. Emigranten in New York - Persönliche Schicksale in Gesprächen und Dokumenten. Boer, 2015.

Ellen Küppers

Emigranten in New York

Persönliche Schicksale in Gesprächen und Dokumenten
  • Boer
  • 2015
  • Gebunden
  • 160 Seiten
  • ISBN 9783924963644

Sie sagen: »Dort, wo unsere Heimat ist, haben wir kein Zuhause. Und da, wo wir unser Zuhause haben, ist nicht unsere Heimat.« Sie sprechen deutsch, fühlen deutsch, lesen deutsche Zeitungen. Sie wissen besser über das Theaterprogramm in Deutschland Bescheid als so mancher Deutscher. Sie kennen die aktuellen Austellungen und wissen, was, wann, wo, welcher Politiker gesagt hat. Aber sie sind Amerikaner, amerikanische »Citizens« - und das seit Jahrzehnten. Genauer gesagt, seit der Zeit, als sie aus Deutschland vertrieben wurden. Es ist die Rede von deutsch- jüdischen Emigranten in New York. Jene Emigranten der ersten Generation, die heute noch in der Viel-Völker-Stadt leben. Heute sind sie alt,

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manche sehr alt, aber immer noch aktiv, berufstätig, bis in die hochen Achtziger hinein. Da gibt es den Chefredakteur einer kleinen Zeitung, der immer noch Leitartikel schreibt, da gibt es die Dame im Österreichischen Konsulat, die dort immer noch ihr eigenes Büro hat und ehemals die erste weibliche Strafverteidigerin Wiens war. Da gibt es den Geiger auf der Upper Westside am Broadway, der sich noch immer etwas zu seinem Lebensunterhalt dazuverdient, indem er auf der Straße spielt. Es gibt den ehemaligen Chefkoch des Waldorf-Astoria, der Liz Taylors ausgefallenen Appetit zufriedenstellte. Es gibt die Schauspielerin, den Handwerker, die Fotografin, den Juwelier, den Lebensmittelhändler, den Komponisten. Sie alle blicken zurück auf die Stationen ihres Lebens, die oft genug mühsam, gefährlich, abenteuerlich waren. Ein Leben, in dem man alles verloren hatte und gerade noch mit dem Leben davon gekommen ist. Ein Leben, in dem man alles wiederaufgebaut hat, woanders, in einer neuen Heimat. Die neue Heimat hat ihnen den Anfang nicht leicht gemacht. Amerika war ahnungslos damals oder einfach »nicht interessiert«. Das Land beschäftigte sich mit sich selbst, mit der eigenen wirtschaftlichen Depression und wünschte sich die »Happy Days« von ehedem zurück. Doch eins war klar: Deutschland war der Feind. In Deutschland waren sie als Juden »unerwünscht«, in Amerika waren sie als Deutsche »nicht willkommen«. Aber irgendwie haben sie ihr Glück gemacht, »ihr Leben gemacht«, wie sie sagen: They made their lives. Ihr Leben und New York hat sie jung erhalten - und wenn sie heute »Heimat« sagen, dann meinen sie das Deutschland vor Hitler, denn das Deutschland nach Hitler hat sie nie wieder zurückgebeten - häufig zu ihrem Bedauern.

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