Ralf Dahrendorfs Buch über Intellektuelle des 20. Jahrhunderts bietet weder historische Analysen der Bedingungen, unter denen Intellektuelle lebten und arbeiteten, noch interessiert es sich für den sozialen oder politischen Kontext seiner Protagonisten, stellt Rudolf Walther etwas irritiert fest. Dem Autor gehe es offenkundig darum, die grundsätzlichen Voraussetzungen einer intellektuellen Existenz zu benennen, die sich im letzten Jahrhundert weder zum Nationalsozialismus noch zum Kommunismus hat verführen lassen, erklärt Walther. Zum Kreis dieser von Dahrendorf als "Societas Erasmiana" bezeichneten Gemeinschaft gehören Arthur Koestler, Manes Sperber, Theodor W. Adorno und Hannah Arendt, und es werden ihnen "Kardinaltugenden" wie Konfliktbereitschaft, "engagiertes Beobachten" und vor allem Freiheit zugesprochen, teilt der Rezensent mit. Insbesondere den Begriff der Freiheit hätte sich der Rezensent gerne näher erläutern lassen und überhaupt ist ihm der Tugendkatalog des Autors zu schwammig, pathetisch und die liberale Grundhaltung Darendorfs allzu behaglich. Am Ende hat Walther den Verdacht, Dahrendorf wolle sich mit seinem Loblied auf die Intellektuellen selbst ein Denkmal als letztes Mitglied der "Societas Erasmiana" setzen.