Trotz etlicher Kritikpunkte zeigt sich Rezensent Wolfgang Hardtwig insgesamt zufrieden mit Boris Schilmars Dissertation "Der Europadiskurs im deutschen Exil 1933-1945". Wie er berichtet, zeichnet der Autor nach, wie der Europadiskurs quer durch das politische Spektrum in Gang kam und sich gegen Ende des Exils Lösungsansätze für den europäischen Integrationsprozess entwickelten, in denen wesentliche Probleme der europäischen Nachkriegszeit vorgedacht wurden. "Völlig zu Recht" liege der Schwerpunkt von Schilmars Untersuchung bei den Exil-Sozialdemokraten der SoPaDe und bei den linkssozialistischen Gruppen, da im liberalen und bürgerlich-konservativen Lager zunächst nur wenige Intellektuelle über europäische Optionen im Kampf gegen Hitler nachdachten. Schilmars Stärke sieht Hardtwig vor allem in der "genauen und kenntnisreichen" ideengeschichtlichen Interpretation von Programmen, Denkschriften und publizistischen Quellen. Dagegen moniert er, dass Schilmar die Diskurs- "Formation" nur unzureichend bestimmt und auf eine Bewertung des Gewichts und des tatsächlichen politischen Einflusses der einzelnen Sprecher ganz verzichtet. Nur teilweise nachvollziehbar findet Hardtwig die abschließenden Reflexionen, in denen Schilmar nach der Tragfähigkeit und tatsächlichen Wirkung der im Exil entwickelten Europakonzepte fragt. Hardtwig kritisiert zudem, dass Schilmar zum Schluss von der Analyse einzelner Texte zu Einstellungen in der "deutschen Nachkriegsgesellschaft" springe und damit die Tatsache verwische, dass die europäische Einigung bis heute ein Elitenprojekt war. Abschließend hebt er jedoch hervor, dass man bei Schilmar viel über die Europa-Konzeptionen der Exilanten selbst erfährt.