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Notizen zur Herbstbeilage der ZEIT erschienen am 12.10.2023

30. Oktober 2023. Im Herbst erscheinen die Buchmessenbeilagen der großen Zeitungen. Der Perlentaucher wertet sie aus und verfasst zu jeder Kritik in diesen Beilagen eine resümierende Notiz. Auch auf eichendorff21 können wir so einen Überblick über jene Bücher geben, die von den Zeitungen im Herbst als besonders wichtig erachtet werden. Hier die Literaturbeilage der ZEIT für Herbst 2022.

Rezensent Stefan Fischer ist sehr angetan von der Auswahl an Tondokumenten, die die Herausgeber für den zweiten Teil ihres "Jahrhundertstimmen"-Projekts ausgesucht haben. Nachdem Teil 1 sich den Jahren 1900 bis 1945 widmete, sammelt das Nachfolgehörbuch, erfahren wir, O-Töne aus der Zeit zwischen 1945 und 2000. Fischer ist erstaunt darüber, wie selbstverständlich viele der Redner - fast alle genannten Beispielstimmen sind männlich - für sich in Anspruch nehmen, für eine Allgemeinheit … mehr

Nicolaus Sombart war ein Lebemann, der es schaffte, im ärmlichen West-Berlin der frühen Achtziger eine gewisse Aura als Sohn von Werner Sombart um sich verbreiten und der im Smog der Ofenheizungen, der aus Ost-Berlin herüberwehte, als eine Figur von besonderer Farbigkeit hervorstach. Einige Feuilletonisten, die heute selber kurz vor der Rente stehen, bewundern ihn bis heute. Und das liegt an Sombarts allesamt autobiografischen Büchern, die es offenbar irgendwie doch schafften, … mehr

Gut unterhalten hat Rezensentin Maja Beckers Kate Summerscales Buch über Phobien, also unverhältnismäßige Ängste und Manien, also Fixierungen auf einzelne Themen oder Gegenstände. Beckers stellt einige Beispiele aus dem Buch vor, unter anderem die Aboulomanie, den Zwang zur Selbstreflexion oder Ängste vor Eiern und Knöpfen. Wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind, ist schwer herauszufinden, erfährt Beckers von Summerscale, aber zumindest über starke Abneigungen, die rational nicht erklärbar sind, berichten eine … mehr

Wenn Ian Bostridge sich über Musik äußert, wird Rezensent Helmut Mauró hellhörig. Der Brite ist nämlich nicht nur einer der bekanntesten Tenöre weltweit, sondern auch studierter Historiker, der sich bereits mit Arbeiten zu Hexerei und zu Schuberts "Winterreise" auch in der Theorie einen Namen gemacht hat. In seinem neuen Buch widmet er sich dem Verhältnis von Künstler oder Künstlerin und Figur. Seiner Überzeugung nach ist Musik immer eine "Aufführung" und … mehr

Für Rezensent Christian Marty bietet die Politikwissenschaftlerin Wendy Brown mit ihrem Buch über Max Weber als Guide aus dem um sich greifenden Nihilismus vor allem "Gefälligkeitswissenschaft" im Sinne Hans Blumenbergs. Indem die Autorin Webers Schriften "Politik als Beruf" und "Wissenschaft als Beruf" auf deren Ideen zur Verwirklichung von wissenschaftlich und politisch erörterten Werten hin abklopft, lässt sie Webers elitäres Wissenschafts- und Politikverständnis unter den Tisch fallen, moniert Marty. Browns optimistische Weber-Lektüre ist dem Rezensenten … mehr

Die Titelfigur des neuen Romans Viktor Jerofejews, der große Gopnik, ist niemand anderes als Wladimir Putin, stellt Rezensentin Angela Gutzeit fest. Jerofejews Roman präsentiere Putin als Nachfolger, beziehungsweise in einer Szene buchstäblich als Ausgeburt Stalins und zeichne auch ansonsten Russland als ein moralisch komplett bankrottes Land. Nicht Putin selbst steht im Zentrum, stellt die Rezensentin klar, vielmehr geht es um die russische Mentalität, die historisch kaum einmal mit der Idee … mehr

Mit viel Freude liest sich Rezensentin Judith von Sternburg durch Barbi Markovics Buch über Miki und Mini. Es besteht, lernen wir, aus einer Reihe von Episoden, die sich ein bisschen wie Comics lesen, bei denen die Bilder fehlen. Es werden durchaus unterschiedliche Stimmungen, sowie auch Genres bis hin zu Horror und Fantasy aufgerufen, erläutert von Sternburg, aber dominierend ist ein knalliger Humor. Sehr gegenwärtig ist, wovon Markovic hier erzählt, findet … mehr

Im Großen und Ganzen liest Rezensent Enno Stahl diesen Roman der norwegischen Schriftstellerin Vigdis Hjorth mit Gewinn. Erzählt wird die Geschichte einer Tochter, die Mann, Juristen-Karriere und Eltern einst zurückließ, um als Malerin in die USA zu gehen. Nun muss sie wegen einer Retrospektive zurück nach Norwegen, der Trip gerät aber vor allem zu obsessiven Beschäftigung mit der Mutter, die ebenfalls wie der längst verstorbene Vater den Kontakt zur Tochter … mehr

Daniel Kehlmann spielt in seinem Roman die Geschichte von der Rückkehr des in den USA erfolglosen deutschen Filmregisseurs G.W. Papst 1939 nach Nazi-Deutschland als "surreale Groteske" durch, erzählt Rezensent Paul Jandl. Das ist handwerklich gut, stellenweise sogar brillant gemacht, und doch ist Jandl unzufrieden. Es fehlt ihm zu viel: Das Psychologische zum Beispiel, ein Restgeheimnis der Figuren, irgendetwas, das Pabst über den Grundkonflikt - Künstler überschätzt seinen Einflus in einer Diktatur … mehr

Es sind gerade auch die Widersprüchlichkeiten, die das Werk Hannah Arendts ausmachen, stellt Rezensent Magnus Klaue mit der Biografie des Philosophen Thomas Meyer aufs Neue fest. Diese "gewisse Inkonsistenz" ihrer Philosophie ist wohl auch der Grund, warum sich Arendt bei den unterschiedlichsten politischen und intellektuellen Bewegungen großer Beliebtheit erfreut und warum sie dabei auch falsch interpretiert wurde, erklärt Klause. So beziehe sich zum Beispiel Judith Butler auf Arendt aufgrund ihrer "vermeintlichen Zionismus-Kritik". … mehr

Rezensentin Cornelia Geißler liest interessiert den neuen Roman von Monika Maron. Hier bezieht eine ehemalige Kulturjournalistin aus Berlin im fiktiven Bossin in Mecklenburg-Vorpommern ein Zimmer in einer Alten-WG, resümiert Geißler. Die anderen Charaktere werden abhängig von ihrer Beziehung zur "für Melancholie viel zu abgebrühten" Ich-Erzählerin mal mehr, mal weniger ausführlich beschrieben, erfahren wir. Das gemeinschaftliches Wohnen kommt dabei weniger vor, so Geißler, nur für Diskussionen am Küchentisch kommt über alle möglichen politischen Themen kommen … mehr

Rezensentin Susanne Romanowski porträtiert sowohl Lauren Groffs neues Buch als auch deren Arbeitsprozesse: So hat die Autorin ihr neuestes Werk insgesamt neun Mal geschrieben, jeweils handschriftlich, die vorherigen Textversion schaut sie nie wieder an, es soll nur das bleiben, was wirklich gut ist, erklärt sie Romanowski. Der Roman handelt von einem jungen Mädchen, genannt Lamentatio, die 1610 in der Kolonie Jamestown Gewalt, Patriarchat und Hunger erfährt, erfahren wir, schnell flieht … mehr

Rezensentin Berit Dießelkämper hofft, dass sie mit den beiden Büchern der Pornowissenschaftlerin Madita Oeming und der Pornodarstellerin und -produzentin Paula Pappel künftig weiß, wie sie sich zum Thema Porno - vor allem als Frau - zu positionieren hat. Feministisch, aber nicht prüde - das ist möglich, denn beide Autorinnen verstehen sich als "sexpositiv", haben also nichts gemein mit Anti-Porno-Feministinnen wie Andrea Dworkin oder Alice Schwarzer, klärt die Kritikerin auf. In … mehr

Rezensent Robert Misik schwärmt für Karl Schlögels "packendes" Buch über den Mythos Amerika. Dabei beobachtet der Autor selbst laut Misik eher zurückhaltend und lässt andere für sich sehen: Tocqueville, Weber, Kerouac oder sowjetische Autoren, die in den USA der 1930er Vorbilder suchten und fanden, um in der Heimat einen "Soviet Americanism" zu etablieren. Schlögels umfangreiche Expedition ist für Misik eher "Lektürebericht", aber nicht darum nicht weniger spannend. Durch die Augen der … mehr

Rezensent Martin Lhotzky liest den beeindruckenden Debütroman von Amir Gudarzi, der im Iran geboren wurde und vor der Gewalt und Unterdrückung dort nach Österreich floh. Lhotzky liest das Buch trotz gegenteiliger Versicherungen des Autors auch autobiografisch. Der Roman spielt um 2009, der Ich-Erzähler A. ist gerade nach Österreich gekommen, sein Aufenthaltsstatus ist unklar, der Wunsch, der Gewalt zu entkommen, erfüllt sich nur teilweise, sie nimmt hier andere Formen an, erfahren … mehr

Rezensentin Petra Pluwatsch ist von Elena Fischers "anrührendem und überzeugendem Coming-of-Age-Roman" sehr angetan. Die Handlung spielt in einer Hochhaussiedlung, einem Ort, an dem niemand freiwillig lebt, so denkt es sich zumindest die 14-jährige Protagonistin Billie. Billie lebt dort mit ihrer Mutter, die alles Geld zusammkratzt, um mit ihrer Tochter einigermaßen gut zu leben - es reicht trotzdem nie bis zum Monatsende, fasst Pluwatsch zusammen. Da kommt die ungarische Großmutter dazu, die ihre Herzkrankheit … mehr

Rezensentin Berit Dießelkämper hofft, dass sie mit den beiden Büchern der Pornowissenschaftlerin Madita Oeming und der Pornodarstellerin und -produzentin Paula Pappel künftig weiß, wie sie sich zum Thema Porno - vor allem als Frau - zu positionieren hat. Feministisch, aber nicht prüde - das ist möglich, denn beide Autorinnen verstehen sich als "sexpositiv", haben also nichts gemein mit Anti-Porno-Feministinnen wie Andrea Dworkin oder Alice Schwarzer, klärt die Kritikerin auf. In … mehr

Äußerst angetan ist Rezensent Volker Weidermann von Maxim Billers Roman. Leicht verfremdet erzählt dieser die Lebensgeschichte von Rada Biller, der Mutter des Autors. Die war, lernen wir, selbst Schriftstellerin, hatte jedoch lange nicht die Möglichkeit, ihre Texte zu veröffentlichen. Weidermann nennt das Buch eine Liebesgeschichte, in der es auch darum gehe, wie der Sohn sich gegen eine feindliche Umwelt schützt, indem er seinen Hass kultiviert. Die Mutter im Buch freut … mehr

Über die Autorin weiß man nichts, staunt Rezensent Ronald Düker, aber ihr ursprünglich 1970 erschienenes Buch über Essensgewohnheiten unterprivilegierter Bevölkerungsteile habe sich als geradezu prophetisch erwiesen. Der Band enthält, erfahren wir, Rezepte und einen Essay, der ethnografische Beobachtungen aus vier Erdteilen (alle außer Australien) versammelt und sich, dem Titel gemäß, der "Küche der Armen" widmet, die statt auf kunstvolle Kulinarik auf Grundnährstoffe setzt und im schlimmsten Fall auch auf Gras und Dreck. … mehr

Noch drei Jahre, bis sich Rilkes Todestag zum hundertsten Mal jährt, aber schon jetzt erscheinen erste Bände, staunt der hier rezensierende Schriftsteller Ulrich Holbein, der mit der Reihe "En face" gleich einen neuen "Meilenstein" ausmacht. Zahlreiche Rilke-Experten haben für diese drei Bände zu Rilke etwa 800 Dokumente von Zeitzeugen zusammengetragen - entstanden ist ein "berauschendes Gigantpanorama", das uns Rilke noch ein wenig näher bringt, versichert der Kritiker. Das Mitgefühl und die Bewunderung … mehr

Nicolaus Sombart war ein Lebemann, der es schaffte, im ärmlichen West-Berlin der frühen Achtziger eine gewisse Aura als Sohn von Werner Sombart um sich verbreiten und der im Smog der Ofenheizungen, der aus Ost-Berlin herüberwehte, als eine Figur von besonderer Farbigkeit hervorstach. Einige Feuilletonisten, die heute selber kurz vor der Rente stehen, bewundern ihn bis heute. Und das liegt an Sombarts allesamt autobiografischen Büchern, die es offenbar irgendwie doch schafften, … mehr