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Notizen zur Herbstbeilage der FR im Oktober erschienen am 18.10.2022

7. Dezember 2022. Im Herbst erscheinen die Buchmessenbeilagen der großen Zeitungen. Der Perlentaucher wertet sie aus und verfasst zu jeder Kritik in diesen Beilagen eine resümierende Notiz. Auch auf eichendorff21 können wir so einen Überblick über jene Bücher geben, die von den Zeitungen im Herbst als besonders wichtig erachtet werden. Hier die Literaturbeilage der FR für Herbst 2022.

Die 19-jährige Lea sitzt auf einer Bank und redet einem neben ihr sitzenden Herrn die Haare vom Kopf. Sie redet von ihrem Dorf, aus dem sie nie herausgekommen ist, von ihrer Familie, der handvoll anderer Leute, die dort leben. Wie ein Wasserfall geht es weiter und weiter, spinnt sie ihre Geschichten aus und erweitert sie um ihre Ängste und Phantasien erzählt, fasziniert Rezensentin Sylvia Staude. Die Zeit dehnt sich und … mehr

Das kleine Angstfischlein schwimmt ganz allein im Ozean, klar hat es Angst. Doch dann findet es einen Freund, der immer mitschwimmt: seinen Schatten. Das Fischlein ist vielleicht nicht die hellste Torte auf der Kerze, aber Rezensentin Judith von Sternburg hat das Buch ins Herz geschlossen allein schon wegen der aquarellierten "Breitbandbilder" Elisabeth Longridges. Und das alles gut endet, gefällt ihr auch.

Der hier rezensierende Historiker Andreas Fahrmeir hält den Mix aus chronologischer Darstellung und "stringentem Zugriff" in Alexandra Bleyers Revolutionsgeschichte für gelungen. Dass Revolutionen entstehen, wenn wirtschaftliche Krisen, Regierungskrisen und eine revolutionsbereite Masse zusammentreffen, vermag die Autorin dem Rezensenten mit Blick auf 1848 zu vermitteln. Infokästen im Buch erleichtern die Lektüre, und Bleyer berücksichtigt die jüngere Forschung ab 2000 ebenso wie die vielfältigen Verläufe der Revolution und deren Ursachen, erklärt Fahrmeir.

Wer einen guten Überblick über den Stand des "Historikerstreits 2.0" sucht, ist mit diesem Band gut bedient, versichert Rezensent Arno Widmann. Es geht grob gesagt um die Frage, ob der Holocaust als Verbrechen einzigartig war, oder ob er in eine Reihe mit Kolonialismus, Stalinismus und anderen großen Menschheitsverbrechen gehört. Die Vorstellung, dass der Holocaust einzigartig war, ist jedenfalls nicht das Ergebnis vergleichender Genozidforschung, meint Widmann. Die Idee kam eigentlich erst in … mehr

Rezensent Michael Hesse hat diesen Band mit Briefen sehr gerne gelesen. Vor allem Adorno und Anders konnten ganz schön austeilen gegeneinander, mit Bloch ging es freundlicher zu, so der Kritiker. Wie die Herren Philosophen diskutieren, sich gegenseitig beharken und wieder versöhnen, das ist doch ein schönes Stück Philosophiegeschichte und gibt gleichzeitig einen Einblick in das Alltagsleben der Korrespondenten, lobt er.

Rezensentin Ursula März spürt den Bezug zur Gegenwart in Leila Slimanis zweitem Band ihrer Familiensaga. Die Erlebnisse einer Elsässerin im Marokko des Jahres 1968 geben laut März den Blick frei auf die kulturellen Verwerfungen der Epoche zwischen Moderne und Tradition. Mit der Tochter der im ersten Band eingeführten Figur rückt das bürgerliche Aufsteigerglück der Eltern in den Hintergrund und Ideen der Revolution werden thematisiert, erläutert März. Elemente des Familienromans wie … mehr

Ein Kunstroman ist "Taube und Wildente", meint Rezensent Paul Jandl. Protagonist Ruprecht Dalandt hat eine Eingebung bezüglich eines Bildes, das sich ihm plötzlich als geniales Kunstwerk offenbart, erfahren wir, als eines, dessen Verkauf so einige figurative und tatsächliche Löcher stopfen könnte. Form, das Anschauliche, ist für Daland wie für Mosebach das Wesentliche an Kunst. Da gehts schon ins Metaphysische, meint Jandl leicht spöttisch. Wo die Form zerbricht, beginnt für beide "die Hölle des Unglaubens". Am … mehr

Rezensentin Lisa Berins liest mit Schaudern, wo sich heute überall esoterische Dogmen tummeln: bei Bäckern, die mit "belebtem" Wasser backen, bei Lebensmitteln - gerade in Biosupermärkten - die auf "kosmische Energie" setzen, in der Homöopathie sowieso aber auch im Internet und bei "Persönlichkeitscoachings und Reinkarnationstherapien". Sektenartig und offen für rechte Einflüsse sind Esoteriker oft genug, lernt die Kritikerin. Und Verschwörungstheorien führten oft genug zur Entmenschlichung Andersdenkender. Eine "umfassend recherchierten, fesselnde Analyse" ist dieses Buch, lobt sie.

Eine fast namenlose Parabel über die Sinnlosigkeit und den Schrecken des Krieges habe Ray Loriga vorgelegt, meint Rezensentin Anna Flörchinger. Der Protagonist erzähle in drei Großkapiteln, wie er zunächst noch an das System glaube, daran, dass die kriegsbedingt befohlene Umsiedlung zu seinem Besten sei. Das stelle sich im Laufe der Geschichte als falsch heraus, verrät die Rezensentin. Die Absurdität der Geschichte nehme zu, gleichzeitig erfahren die Leser*innen nur in Nebensätzen, … mehr

Holzroboter und die Baumstumpfprinzessin sollten offenbar Kinderersatz für ein königliches Ehepaar sein. Gemeinsam erleben die beiden eine Reihe von Abenteuern - manchmal eins pro Seite! - die grundlegene Fragen aufwerfen wie "Sollte man die Herstellung von Kindern durch Erfinderinnen und Hexen begrüßen?" Rezensentin Judith von Sternburg ist restlos begeistert, nicht nur vom Inhalt, sondern auch dem Detailreichtum der Bilder. Macht Erwachsenen ebenso viel Spaß wie Kindern, versichert sie.

Die Ich-Erzählerin dieses Romans ist keine liebenswerte Person, offenbart Rezensentin Sylvia Staude. Verwöhnt, ein privilegierter Snob, der sich mehr für Klamotten interessiert als für Menschen. Das interessante daran: Sie weiß es und empfindet es offenbar als Mangel. Jedenfalls versucht sie der letzten Begegnung mit einer offenbar todkranken Freundin nachzuspüren. Aber was sie wirklich sucht, kann Staude auch nicht sagen.

Der Hauptprotagonist in diesem Roman, Curro Abad heißt er, hat es Rezensentin Sylvia Staude sichtlich angetan. Ein Junge aus der Unterschicht, trübe Familienverhältnisse und dann übernimmt die Schizophrenie und er landet in der Irrenanstalt (so nennt er sie), wo er einen Freund findet. Kiko Amat erzählt die Geschichte aus zwei Perspektiven, so Staude, die Sprachmacht des Autors lobend. Am Ende ist sogar ein "winziges Happyend" drin, freut sie sich.

Es ist ein schmaler Roman, den Claire Keegan hier vorlegt. Hauptfigur ist ein irischer Kohlenhändler aus kleinen Verhältnissen, der versucht, für sich und seine Familie "das Richtige" zu tun, der aber auch gern denen hilft, die noch weniger haben als er. Was genau hier die Rolle der katholischen Kirche und ihrer entsetzlichen Magdalenenwäschereien ist, lässt Rezensentin Cornelia Geißler offen. Aber sie lobt das Buch sehr, dessen "sehr reduzierter Ezählstil" Übersetzer Hans-Christian Oeser kongenial … mehr