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Keidel, Evelyn. Vom Judentum zum Christentum - und zurück - Die psychischen Folgen eines erzwungenen Religionswechsel Jüdischer Kinder-Überlebender der Schoa. Internationalismus, 2014.

Evelyn Keidel

Vom Judentum zum Christentum - und zurück

Die psychischen Folgen eines erzwungenen Religionswechsel Jüdischer Kinder-Überlebender der Schoa
  • Internationalismus
  • 2014
  • Taschenbuch
  • 468 Seiten
  • ISBN 9783922218418

Zusammenfassung Es war das erklärte Ziel nationalsozialistischer Politik, das Judentum durch Ausrottung seiner Kinder an der Wurzel zu treffen. Von den wenigen Kindern, die überlebten, fanden etliche Zuflucht in katholischen Klöstern, in christlichen Einrichtungen oder Pflegefamilien. Dafür mußten sie ihre jüdische Lebensform aufgeben und das Christentum annehmen. Dieser erzwungene Religionswechsel drängte die durch Krieg und Verfolgung extremtraumatisierten Kinder in einen heftigen Zwiespalt zwischen der Treue zu ihrem Gott, der Loyalität gegenüber ihren Eltern und ihrem menschlichen Grundrecht auf Leben. Die Begegnung mit der »Zauberwelt« des Katholizismus, die Schutz und Trost versprach, verlangte ihnen große psychische und kognitive Umorientierung ab und beeinträchtigte ihre Identitätsentwicklung erheblich. Infolge ihrer

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fortschreitenden Regression introjizierten die Kinder das auf sie projizierte Feindbild des »Gottesmörders«. Sie nahmen die Verantwortung für die »Verbrechen« der Juden auf sich und unterwarfen sich der (unbewußt idealisierten) Übermacht der Kirche. Nach dem Krieg lösten sich die meisten der sich während jener Zeit gebildeten sozialen und emotionalen Netzwerke auf, die den Kindern Halt gegeben hatten, und lieferten diese ihrem Schicksal aus in einer Welt, die eine andere geworden war. Eine von jüdischen Überlebenden sofort begonnene Rückführung der Kinder zu ihrem Volk, die sich über viele Jahre hinziehen sollte, war beispielhaft und das letzte nationale Projekt des polnischen Judentums. Viele der im christlichen Umfeld geretteten jüdischen Kinder scheiterten später an der Unvereinbarkeit beider Religionen und gerieten in Lebenskrisen: Loyalitätskonflikte, Schuldgefühle, Scham, Verzweiflung und Selbsthaß brachen auf. In den religionswissenschaftlichen und sozialpsychologischen Analysen von fünf Fallstudien kommen diese Kinder zu Worte, um ihre mit dem erzwungenen Religionswechsel verbundenen Ängste und Probleme zu beschreiben. Unüberhörbar sprechen sie auch für die eineinhalb Millionen ermordeter Kinder, deren Martyrium in der Historiographie der Nachkriegsjahre stillschweigend übergangen wurde.

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