Für Martin Krumbholz löst "Der Eisvogel" die "hohen Erwartungen", die er an den Bachmann-Preisträger Uwe Tellkamp geknüpft hat, nicht ein, auch wenn er dem Roman durchaus zugesteht, "handwerklich" gut gemacht zu sein. Der Autor beginnt seine Geschichte mit dem Schluss, als der Ich-Erzähler Wiggo Ritter, ein erfolgloser promovierter Philosoph, einen gewissen Mauritz Kaltmeister erschießt, was er im Folgenden seinem Verteidiger, dem fiktiven Adressaten des Buches auseinandersetzt. Nicht nur durch diesen "furiosen Einstieg" fühlt Krumbholz sich bei diesem Buch an einen "Tatort"-Krimi erinnert. Kaltmeister hat eine rechte terroristische Vereinigung gegründet, in der er "elitäres, hierarchisches Gedankengut" verficht und das Ziel verfolgt, die "schlaffe Demokratie" zu stürzen und durch sein Ordnungssystem zu ersetzten; mit Hilfe seiner attraktiven Schwester Manuela gewinnt er zunächst Wiggo Ritter als Mitglied. Im Roman wechseln ständig die Erzählperspektiven und immer neue Zeugen kommen zu Wort, stellt Krumbholz fest und er muss zugeben, dass der Autor durchaus geschickt mit den multiplen Blickwinkeln spielt. Auch sprachlich zeigt das Buch "Finessen", meint der Rezensent angetan. Das "politische Skandalon" der Haltung Kaltmeisters allerdings wird durch seine Erschießung "allzu elegant weggekickt", beschwert sich Krumbholz, wie er überhaupt findet, dass sich der Autor zu "indifferent" gegenüber dieser Figur zeigt. Der Rezensent kann sich des Verdachts nicht erwehren, dass Tellkamp "mit der Attraktivität der Kaltmeister-Figur" spekuliert, "ohne sich die Finger verbrennen zu wollen".