Bereits vor achtzehn Jahren ist der erste Roman von Denis Johnson mit dem Titel "Engel" erschienen, jetzt erst liegt er als deutsche Übersetzung vor, weiß Thomas Steinfeld, und dass dies zwar spät, aber nicht zu spät ist, erläutert er in seiner umfangreichen Rezension, die der Aufmacher der SZ-Buchmessenbeilage ist. Das Buch, findet er, offenbart das zweite Gesicht der Vereinigten Staaten, das "unter dem glücklichen Antlitz der Freiheit, des Reichtums und des Rechts eines jeden Menschen, über sein Leben selbst zu verfügen", vor allem von Europa aus immer schon schwer zu erkennen gewesen sei. Die Menschen, von denen erzählt wird, seien allesamt Getriebene, wobei keiner zu sagen wüsste, wovon, erklärt Steinfeld. Ihm fällt auf, dass Johnson auffällig oft über Sippen, Clans und Stämme schreibt, so auch in dem in diesem Jahr in den USA erschienenen Band "Seek", einer Sammlung von Reportagen "von den Rändern Amerikas". Beide Bücher haben Steinfeld erkennen lassen, dass dieses Land "unendlich groß" und gleichzeitig "unendlich klein" ist: "Jeder einzelne ist ein Auserwählter, und auf keinen kommt es an." Alle Menschen hier seien in der Vorhölle zuhause, die Entscheidung darüber, wo ein Lebensweg endet, sei vom Zufall bestimmt, erklärt er. "Engel", so Steinfeld, ende mit einer Epiphanie, in der das Unverständnis darüber zum Ausdruck komme, dass dieses Elend alles gewesen sein soll, was der Mensch vom Leben hat.