Dorothea Wendebourg hat zwei ganz unterschiedliche Bücher zu Martin Luther gelesen und auch ihre Urteile stehen sich diametral entgegen. Der gewichtige Band von Volker Leppin will mit neuen Forschungsergebnissen glänzen und scheitert vielleicht gerade deshalb, vermutet die Rezensentin. Der Autor verfolgt dabei den Versuch, Martin Luther möglichst lange als Mensch des Spätmittelalters zu zeichnen, der erst in seiner Wirkungsgeschichte zum großen Reformer der Kirche wurde. Diese Sichtweise lässt sich allerdings nur aufrechterhalten, wenn die Quellen lückenhaft oder verfälscht ausgewertet werden, beschwert sich die Rezensentin. Leppin mache in seiner Lesart Luther zu einem getriebenen Menschen, der seine ungeheuren Neuerungen beinahe unfreiwillig auf den Weg gebracht habe. Dabei entstehe nicht nur ein enorm "kleinkariertes" und dabei sachlich nicht immer richtiges Luther-Bild, der Persönlichkeit dieser wichtigen Figur der Kirchengeschichte komme der Autor zudem auch nicht näher, die Antriebskräfte für sein Wirken blieben im Dunkeln, so Wendebourg unzufrieden.