In jüngster Zeit kann man über Kabul auch wieder Drachen flattern sehen, häufig aus den einfachsten Materialien, hat Jürgen Brocan beobachtet. Sie signalisieren die Rückkehr zu einem Ritual, das in Zeiten vor der Machtausübung der Taliban in Afghanistan alljährlich stattfand und bei dem das Einfangen des vorletzten oben verbliebenen Drachens den Höhepunkt eines Wettkampfs darstellte. Jenes Ritual führt in die Romanhandlung ein, so Brocan, in welcher die Geschichte einer Jungenfreundschaft vor einem dramatischen politischen Hintergrund geschildert werde. Verrat beziehungsweise Versagen kennzeichne diese Beziehung von früh an, ein Motiv, das sich wie ein roter Faden durch den ganzen Roman ziehe und auch bei anderen Charakteren verfange. Nur ganz langsam enthüllt der Roman die wahren Schuldzusammenhänge und Beziehungen, schreibt Brocan. Einen Hang zur Klischeehaftigkeit kann der Rezensent dem Autor Khaled Hosseini, einem schon als Kind in die USA emigrierten Afghanen, nicht absprechen. Aber es stört ihn nicht, ja, es scheint ihm vielmehr passend, da das Böse ja tatsächlich so banal sei, wie es hier dargestellt werde. Dafür entschädigt der Roman mit einem frischen Ton, einer geraden Sprache und einer anrührenden Geschichte, schließt Brocan wohlmeinend.