Reinhard Kahl wünscht sich vom neuen Bundespräsidenten, sich doch die Freiheit der Bildung auf die Fahnen zu schreiben. So begeistert, wie der Rezensent von Manfred Geier und Alfred North Whitehead ist, könnte die Lektüre ihrer Bücher reichen, um Joachim Gauck zu überzeugen. Geier nähert sich in kurzen Biografien den Ideen der europäischen Aufklärer, schreibt Kahl und findet Ideen und Menschen gleichermaßen ansteckend. Mendelssohn, Humboldt, Voltaire und John Locke tummeln sich auf den Seiten seines Buches "Aufklärung. Das europäische Projekt". Zwar älter, aber deswegen nicht weniger frisch sei Alfred North Whiteheads "Aims of Education", das beim Suhrkamp Verlag jetzt erstmals auf Deutsch zu haben ist, "Die Ziele von Erziehung und Bildung" heißt es dort. Der englische Mathematiker und Philosoph wettere darin eindrucksvoll gegen die Passivität von Lernenden: der Geist der große Ideen hervorbringe, müsse aber aktiv und frei sein. "Ideen halten sich nicht", sie müssen mit Begeisterung gedacht werden, um etwas bewegen zu können. Wirkliche Bildung brauche diese Begeisterung, brauche Schwärmerei, das sei der wesentliche Anspruch, den Whitehead fordere. Schulen und Universitäten sollten sich mehr an solchen Gedanken orientieren, findet Reinhard Kahl: weniger Bologna und Vergleichbarkeit, mehr Humboldt und Individualität.