Die unvollendet gebliebene "Reise" von Bernward Vesper, Sohn des NS-Dichters Will Vesper und zeitweiliger Lebensgefährte der RAF-Mitbegründerin Gudrun Ensslin, gilt als das Zeugnis der 68er-Zeit überhaupt: zum einen weil es Vespers Drogenerfahrungen beschreibt, die tragischerweise durch die Umstände seines frühen Todes beglaubigt wurden, zum anderen weil das Fragment gebliebene Buch "erinnerungsscharf" das Protokoll einer Nachkriegsjugend anfertigt, für die Rezensent Alex Rühle die umschreibenden Worte "das Gefühl einer abgestorbenen Leere" findet. Rühle findet große Worte des Dankes für die Wiederveröffentlichung der "Reise", denn nur so lassen sich die Vorbehalte gegen Vesper konterkarieren, die in anderen, neueren Büchern über Vesper (gemeint sind der frühere Vesper-Freund Henner Voss, der sich recht abfällig über Bernward Vesper äußern soll, und Gert Koenens "kluges" Buch "Vesper Ensslin Baader") vorgebracht werden. Was die beiden über Vesper sagen, hätte dieser selbst gesehen und in der "Reise" viel schärfer formuliert, behauptet Rühle. Das schwarze Loch, um das Vespers "Reise" kreist , ist der übermächtige Vater, an dem sich Vesper geradezu aufrieb. Er betrieb dies mit protestantischer Gründlichkeit, meint der Rezensent, als eine Art "literarischen Exorzismus", aber er hatte den Mut, lobt Rühle, das ganze "ungeschönt aufzuschreiben".