Katharina Granzin stutzt nur ganz kurz über Per Olov Enquists Erzählperspektive, der seine Autobiografie "Ein anderes Leben" in der dritten Person erzählt, zeigt sich dann aber voll und ganz begeistert. Nach einer Interview-Äußerung des schwedischen Autors liest sie den Text nicht zuletzt als Klartext-Version von Enquists Roman "Kapitän Nemos Bibliothek", den er, wie sie nun weiß, 1990 während seines Alkohol-Entzugs schrieb. Der Autor verrät in seiner Autobiografie zudem, dass er sich als Kind für den "Stellvertreter seines totgeborenen Bruders" hielt, was ein ganz neues Licht auf die Geschichte um zwei bei der Geburt vertauschten Brüder im erwähnten Roman wirft, wie die Rezensentin erklärt. Nicht gelüftet - aber wiederholt auf ein Schreibverbot hingewiesen - werde das Rätsel um seine Pflegeschwester Eeva-Lisa, die damit zum "still atmenden Zentrum" der Autobiografie wird, wie Granzin meint. Das in drei Teile gegliederte Buch überzeugt sie auch im durchaus konventioneller strukturierten Mittelteil, in dem Enquist den Beginn seines Studiums und seine Karriere als Sportler, Journalist und Autor schildert. Tief beeindruckt ist Granzin von der "Offenheit" und der klarsichtigen Selbstanalyse des Autors, und sie fühlt sich, sowohl was ihr Wissen über die Person als auch was das Werk Enquists angeht, bereichert.